Ventrikel des Kapitals

Ein Beitrag von Erwin G. Ott vom 4. Dezember 2025

Ventrikel des Kapitals untersucht die radikale Transformation des Geldes und der Ökonomie in ein ventrikuläres System, in dem Wert, Preis und Substanz ihre regulierende Kraft verlieren. Ausgehend von der These, dass modernes Kapital nicht mehr auf materielle oder symbolische Grundlagen verweist, sondern als selbstreferentielles, apophatisches Zirkulationsmuster operiert, entfaltet die Studie vier historische „Ventrikel“ des Kapitals: Gold, Fiat, Derivate und Kryptowährungen.

Bitcoin wird dabei als paradigmaler Ausdruck einer „negativen Theologie des Geldes“ interpretiert: Proof-of-Work und Tokenisierung stellen eine bewusste Entleerung des intrinsischen Werts dar, ein kenotisches Vollzugsritual, das das Wesen des Geldes als Zeichen der Abwesenheit offenlegt. Die vier Ventrikel werden als historische Pulsräume gelesen, deren zunehmende Abstraktion die Zirkulation des Ungrunds beschleunigt, wodurch Volatilität zur Stabilitätsform und Entleerung zur produktiven Bedingung wird.

Die Arbeit entwickelt daraus ein post-monetäres Ordnungsmodell: Koordination, Verteilung und Governance verschieben sich vom Preis und Wert hin zu Mustererkennung, Anschlussfähigkeit und algorithmischer Selbstorganisation. Märkte werden zu Resonanzräumen, Ressourcen zu Knotenpunkten, Individuen zu Schnittstellen. Politik und Regulierung stehen vor der Transparenz des Nichts und operieren zunehmend als Verwaltung von Signaturen statt von Substanz.

Abschließend zeigt das ventrikuläre Herz des Kapitals, dass der Kapitalismus nicht kollabiert, sondern verdampft, seine Repräsentation verliert und in eine neue Form der Zirkulation übergeht, die ohne Zentrum, ohne Substanz und ohne monetären Kern funktioniert. Die Studie stellt damit die Grundlagen für eine Theorie der Ökonomie nach der Ökonomie bereit: ein Denken des Kapitalismus als selbstreferentielles, pulsierendes Netzwerk der Möglichkeiten.